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Rail Baltica: Wie eine Eisenbahnstrecke im Baltikum auch Finnland nutzen könnte

Mit der Rail Baltica entsteht im Baltikum zurzeit eine große grenzüberschreitende Eisenbahnstrecke. Finnland könnte davon ebenfalls profitieren - und das hat im weitesten Sinne auch etwas mit Angry Birds zu tun.

Eisenbahn in wäldlicher Landschaft (Symbolbild) © Kendrew Schexnider auf Unsplash (Foto von Hochkant- auf Querformat zugeschnitten)

Wer einmal in einen Routenplaner eingibt, wie man ohne eigenes Auto von Polen nach Estland kommt, wird schnell sehen, dass der Fernbus das günstigste und das Flugzeug das schnellste Verkehrsmittel ist. Was auf der Strecke hingegen keine Rolle spielt, ist die Eisenbahn. Sie ist in den baltischen Staaten unterschiedlich gut ausgebaut und gerade für den grenzüberschreitenden Verkehr ungeeignet. Die vorhandenen Strecken sind vielmehr auf die Ost-West-Achse als auf die Nord-Süd-Achse ausgelegt, weil zu Sowjetzeiten Güter aus der östlicheren Sowjetunion zu den Häfen an der Ostsee befördert werden sollten. Aus dieser Zeit stammt auch die abweichende Spurweite in Estland, Lettland und Litauen. Der Abstand zwischen den Schienen ist dort 8,5 Zentimeter größer als in der in Polen und den meisten anderen mitteleuropäischen Ländern üblichen Regelspurweite. Ohne umständliche Umspurungsmaßnahmen kann ein Zug also nicht vom mitteleuropäische ins baltische Eisenbahnnetz fahren, wodurch die logistische Anbindung der baltischen Länder an die großen Märkte der Europäischen Union zumindest auf der Schiene noch unzureichend ist.

Eine Eisenbahnstrecke für das Baltikum

Abhilfe soll das große Eisenbahn-Infrastrukturprojekt Rail Baltica schaffen, dass die bestehenden Hürden überwinden soll und mit einer durchgehenden Strecke von Tallinn durch alle drei baltischen Staaten bis nach Warschau führen soll. Von Warschau kann dann sowohl der Güter- als auch der Personentransport nach Deutschland, Tschechien und andere Länder Mitteleuropas fortgesetzt werden. Als Neubauprojekt soll die Rail Baltica ebenfalls in Regelspurweite gebaut und damit ans mitteleuropäische Netz angebunden werden, sowie eine technische Höchstgeschwindigkeit von bis zu 249 km/h erlauben. Im Klartext heißt das, dass die Strecke von Tallinn bis nach Warschau im Personenverkehr rund 6:45 Stunden dauern würde, anstatt der aktuellen 11:20 Stunden mit dem Auto oder gar 14:15 Stunden mit Bus und bestehender Bahn. Die Rail Baltica soll bis 2030 fertiggestellt werden und wird zum größten Teil von der EU finanziert.

Finnland könnte aufgrund seiner peripheren Lage ebenfalls von der Rail Baltica profitieren. Finnischen Unternehmen, die ihre Waren auf den großen Märkten Mitteleuropas absetzen – mit Deutschland als wichtigsten Handelspartner Finnlands – bleibt neben dem teuren und klimaschädlichen Luftweg noch der Seeweg über die Ostsee sowie die Landwege über Schweden oder die baltischen Staaten. Wenngleich Finnland nahezu die gleiche Spurweite wie das Baltikum hat, und mit einer mehrmals täglich ablegenden Fährverbindung von Helsinki nach Tallinn gut an die baltischen Länder angebunden ist, ist der Schienenverkehr bis nach Mitteleuropa über diesen Weg aus den genannten Gründen unattraktiv. Mit der Rail Baltica hingegen könnte Mitteleuropa unter Einbezug der Anbindung nach Helsinki viel schneller aus Finnland erreichbar sein.

Ein Tunnel für Finnland?

Der Transport wird beim Transportmittelwechsel – also in Finnland vom Land auf die Fähre, und auf estnischer Seite dann von der Fähre auf den Zug – fehleranfälliger und kostenintensiver. Um dem zu begegnen, wird seit einigen Jahren noch über ein ganz anderes Infrastrukturprojekt visioniert: Allen voran setzt sich der Co-Entwickler des erfolgreichen Spiels Angry Birds für einen Eisenbahntunnel von Helsinki nach Tallin durch den finnischen Meerbusen ein. Der Tunnel soll die Fahrtzeit von derzeit mindestens 2 Stunden mit der Fähre auf 30 Minuten reduzieren, und den Wechsel zwischen Zug und Fähre überflüssig machen. Hierdurch würden Helsinki und Tallinn nicht nur zu einer grenzüberschreitenden Metropolregion, Talsinki, zusammenwachsen. Ebenso soll der Tunnel eine direkte Anbindung der Rail Baltica an Finnland sicherstellen. Im Idealfall, so die Vorstellung, könnte man dann mit dem Zug von Helsinki bis nach Warschau oder gar Berlin durchfahren – mit dem Direktzug nach Mitteleuropa also.

Profiteure könnte es mehrere geben:
  • Die Menschen könnten nach einem Einstieg in Helsinki in nur 7 Stunden in Warschau sein - und wären damit rund 10 Stunden schneller als zurzeit mit Fähre und Bus in der polnischen Hauptstadt. Berlin wäre aus Helsinki in gut 13 Stunden erreichbar, anstatt der aktuell 22:30 Stunden im Mix aus Fähre, Bus und Bahn.
  • Die gesamteuropäische Wirtschaft könnte von der besseren Integration Finnlands in den europäischen Wirtschaftsraum ebenfalls profitieren; und die finnische Wirtschaft freut sich, ihre Waren schneller und klimafreundlicher nach Mitteleuropa verfrachten zu können.
  • Geopolitisch hätte die bessere Anbindung Finnlands an übriges NATO-Gebiet Vorteile, da militärisches Gerät und Truppen deutlich schneller mit der Bahn transportiert werden könnten als aktuell mit dem Schiff.
  • Nicht zuletzt könnte auch das Klima profitieren: Durch die neue Infrastruktur könnte riesiges Potenzial für die Verkehrsverlagerung auf die Schiene geschaffen werden. Die Rail Baltica soll zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie elektrifiziert werden, und hätte allen anderen Transportformen in Hinblick auf ihr Emissionen deutlich etwas voraus.

Zukunft des Tunnels ungewiss

Wo Licht ist, ist jedoch auch Schatten: In den Estland, Lettland und Litauen gibt es auch Kritik an der Rail Baltica - nicht zuletzt wegen negativer Umweltauswirkungen beim Bau vor Ort und aufgrund steigender Kosten. Und ob der Tunnel zwischen Helsinki und Tallinn jemals kommt, ist alles andere als sicher. Anders als für die Rail Baltica, stellt die EU für den Tunnel zunächst keine Kofinanzierung in Aussicht – das Geld müsste also woanders herkommen. Die potenziell beteiligten Länder Estland und Finnland sehen einen solchen Tunnel zurzeit nicht als Schwerpunkt, sondern sind mit anderen Infrastrukturprojekten gut ausgelastet. Zwischenzeitlich gab es auch Überlegungen, ob der Tunnel Teil der Neuen Seidenstraße werden könnte, und entsprechend mit chinesischem Geld gebaut würde. In Anbetracht der aktuellen geopolitischen Lage scheint diese Option zurzeit jedoch nicht sonderlich wahrscheinlich. Ob mit Tunnel oder ohne: die Rail Baltica ist bereits im Bau und ihr wird durch die EU eine hohe Priorität eingeräumt. Es ist also als wahrscheinlich zu bewerten, dass Rail Baltica auch fertiggestellt wird, und somit allein durch die Kombination mit der Fähranbindung nach Tallinn Finnland näher an die restliche EU rückt.

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