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Rezension: Worte verschwinden fliegen zum blauen Licht

Samische Lyrik von Joik bis Rap.
Laut dem Rezenzenten ist diese Anthologie zugleich ein Archiv, eine Bibliothek, ein Speicher der samischen Sprache. Das Samische ist Kandidat für die Rote Liste der gefährdeten Sprachen.

von dfgliest , 22.09.2020 — 0 Kommentare

Worte verschwinden fliegen zum blauen Licht. Samische Lyrik von Joik bis Rap © Johanna Domokos, Michael Rießler und Christine Schlosser (Samica 4)

Dieses Buch ist ein Weltatlas samischer Poesie. Mit den Gedichten und Joiks in diesem Buch ergibt sich zum ersten Mal die Möglichkeit, umfassend Lyrik in den samischen Sprachen aus Norwegen und Finnland, Schweden und Russland von den Anfängen bis in die Gegenwart kennen zu lernen. Eine Entdeckung, möglich gemacht durch die mitabgedruckten deutschsprachigen Übertragungen, ergänzt durch Nachwort, Angaben zu den Autoren und Glossar. Diese vielstimmige Anthologie bietet dem Lesenden ein überraschendes und welthaltiges Angebot, das zwischen stiller Anrufung und bildgewaltiger Provokation herauszufordern vermag.

Hier finden sich Zeugnisse samischer Sagen- und Mythenwelt, ihrer Glaubensvorstellungen und eines Weltbildes gleichrangiger Lebewesen in einer zu beschützenden Natur. Hier schaffen Gedichte komplexe Räume ihrer jeweiligen Gegenwart, ohne auf Rückbesinnung und Ausblick zu verzichten. Die im Band aufgenommenen Texte nutzen das Potential lyrischer Formen zwischen den Lautmalereien und Beschwörungen des Joiks bis hin zu Bild- und Prosagedichten. Zu den in den samischen Sprachen verfassten Texten gesellen sich auf Finnisch und Norwegisch, Russisch und Schwedisch geschriebene, sowie Gedichte, die mit Einsprengseln aus dem Deutschen und Englischen angereichert sind.

Zu ihrem Hintergrund gehört die andauernde Geschichte der samischen Emanzipation, des Kampfes um Anerkennung ihrer Rechte gegen staatliche Eingriffe mittels Homogenisierung, Vertreibung und Kolonialisierung, gegen kulturelle Entwurzelung und industrielle Ausbeutung ihrer Lebensbereiche. Bereits während der Missionierung verbot und  zerstörte man ihre schamanischen Instrumente. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein stand das Samische im Zentrum einer Assimilierungspolitik, die auf Kahlschlag setzte, den Gebrauch der Sprache in Schulen untersagte.

Diese Anthologie ist zugleich ein Archiv, eine Bibliothek, ein Speicher von den ersten schriftlich fixierten Gesängen durch Pfarrer und Lehrer bis zum modernen Rap. Das Samische ist mittlerweile ein Kandidat für die Rote Liste der gefährdeten Sprachen. Mein Wunsch: Eine Aufnahme aller Gedichte auf DVD oder in einem anderen digitalen Medium. Joiks benötigen den Gesang, leben von Gestus und Gestik. Sie erleben seit einiger Zeit eine Renaissance unter jungen Künstlern.

Gedichte erreichen beim Vortragen durch Muttersprachler eine andere Identität und Dimension. Man hat hier einen kostbaren Lesevorrat auf lange Zeit. Ein poetisches Geschenk aus Jahrhunderten, um großenteils unbekanntes Land für sich zu erkunden.

Worte verschwinden fliegen zum blauen Licht. Samische Lyrik von Joik bis Rap. Übersetzt von Christine Schlosser. Herausgegeben von Johanna Domokos, Michael Rießler und Christine Schlosser. (Samica 4). Freiburg 2019, 482 S., ISBN 978-3-9816835-3-0, 24,90 Euro.
Eine Rezension in der Deutsch-Finnischen Rundschau 185 von Roland Bärwinkel.


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